Am 29. Mai veröffentlichte der Vereinsvorstand eine Pressemitteilung, in der die Stadt Limburg aufgefordert wird, ihre Verkehrskonzepte generell zu überdenken
Dr. Marius Hahn leitete den Abend mit einer allgemeinen Darstellung seiner politischen Position ein. Er kritisierte die Informationspolitik der Stadt Limburg und lobte die Arbeit des Vereins, der eine wichtige Rolle für die Information der betroffenen Bürgerinnen und Bürger wahrnimmt. Seiner Meinung nach ist das Verkehrsaufkommen in der Innenstadt erwiesenermassen zu hoch, er stellte jedoch die Frage, ob es nicht andere Möglichkeiten gebe, den Stadtkern vom hohen Verkehrsaufkommen zu entlasten, etwa durch eine Verbesserung des Busnetzes und eine Ausgrenzung des Schwerverkehrs.
Nach Meinung von Dr. Hahn werde die überregionale Bedeutung der Südtangente als Teilstück einer Ost-West-Verbindung von Giessen über Limburg und St.Goar insbesondere durch den planerischen Zusammenhang mit der Umgehung Holzheim deutlich, und die zusätzliche Belastung durch dieses Verkehrsaufkommen von bis zu 55.000 Fahrzeugen am Tag für die Stadt Limburg dürfe von der Politik nicht vernachlässigt oder schöngeredet werden.
Dr. Hahn kritisierte weiter die "Überraschungstaktik‚Äù der Stadt, die zum Zeitpunkt der Ausweisung der neuen Baugebiete in Blumenrod die Planungen zur Umgehung verschwiegen habe. Auch seien die Planungsgrundlagen, welche der Südtangente zugrunde liegen, mittlerweile veraltet, und berücksichtigen weder das zusätzliche Verkehrsaufkommen durch den Ausbau des Einkaufszentrums ‚ÄúWerkStadt‚Äù noch die tatsächliche Ausdehnung des neuen Baugebietes Blumenrod. Die von der Stadt vorgelegten Gutachten würde die Auswirkungen einiger Baumassnahmen, wie etwa die Behinderung der Kaltluftschneisen durch die geplanten Lärmschutzwände, nicht berücksichtigen.
Dr. Hahn drückte sein Erstaunen über das Vorgehen der Stadt Limburg aus, die nach den vorliegenden Aussagen des Bürgermeisters offensichtlich bereits eine Vorzugsvariante an das Bundesministeriums für Verkehr weitergegeben habe. Auch das von Bürgermeister Martin Richard vorgeschlagene Verfahren, einen Bürgerentscheid erst nach der Abstimmung der Stadtverordnetenversammlung durchzuführen, sei nicht das einzig mögliche - ein Bürgerentscheid können genauso gut die Abstimmung der Stadtverordneten ersetzen.
Aus dem Publikum wurde Dr. Hahn nach seiner Meinung zu den erwarteten zusätzlichen Folgekosten (z.B. Verlust bereits erworbener Bauflächen, Entschädigung der vom Funktionsverlust betroffenen Einrichtungen, Aufkauf zusätzlicher Ersatzflächen, Einrichtung des neuen Stadtparks) in Höhe von schätzungsweise 17,5 Mio. Euro befragt. Nach seiner Auskunft sei das Thema von der Stadt in der Stadtverordnetenversammlung nicht ausreichend transparent dargelegt worden, und das Ausmass der zukünftigen finanziellen Belastungen sei diesen nicht ausreichend klar.
Nach Meinung von Dr. Hahn fehlt es nicht nur in dieser Sache deutlich an Transparenz der Stadtpolitik. Dies zeige auch die Art, wie die Stadt Limburg ihre Bürger über die geplanten Massnahmen informiert sowie die Veröffentlichung der Gutachten herausgezögert und erst erst auf Druck der Aufsichtsbehörden durchgeführt habe. Dr. Hahn stellte dar, dass selbst die Stadtverordneten derzeit nicht in ausreichendem Mass durch die Stadt informiert werden, ein Thema, welches ihm sehr am Herzen liege.
Grundsätzlich sollte seiner Meinung nach geprüft werden, ob eine Umgehungsstrasse das geeignete Mittel zur nötigen Verkehrsentlastung sei. Laut Dr. Hahn sei dies nach den derzeit vorliegenden Gutachten der Fall, die Gutachten seien jedoch von der Stadt Limburg durch ein nicht-öffentliches Verfahren in Auftrag gegeben worden sein und seien daher in einigen Punkten , insbesondere aber auch den Schlussfolgerungen fragwürdig. Da die Gutachten sich weitgehend auf Prognosen stützen und viele zukünftige Entwicklungen wie etwa den Klimawandel oder die Abnahme der Bevölkerung nicht einbeziehen, sollten sie nicht als bindende Entscheidungsgrundlagen dienen.
Ein ganzheitliches und umfassendes Verkehrskonzept für Limburg sei äusserst wünschenswert, bedürfe aber einen Beschluss über mögliche Varianten, klare Kostenschätzungen für die verschiedenen Varianten sowie einen Ausblick über die zukünftige Bevölkerungsentwicklung der Stadt als Diskussionsgrundlagen. Ziel sei, möglichst viel Individualverkehr aus der Stadt herauszuhalten, was jedoch kein erklärtes Ziel der Stadt Limburg sei, die etwa im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs Mittel etwa für das Senioren-Nachttaxi gestrichen haben. Die Ergebnisse der Feinstaubuntersuchung seien von der Stadt nicht entschieden angegangen worden, es sei vielmehr darauf hingewiesen worden, es seien weitere Messungen über einen Zeitraum von einem Jahr erforderlich. Nach seiner Meinung habe der Magistrat offensichtlich keinen Bedarf, das Thema Verkehrsbelastung offensiv anzugehen.
Nur wenn es nicht gelingen sollte, durch intelligente Verkehrssysteme den Verkehrszufluss in die Innenstadt nachweislich zu minimieren, würde Dr. Hahn vorschlagen, die seit 70 Jahren im Bebauungsplan vorgesehene Alttrasse mit einer weitgehenden Einhausung durch einen Tunnel umzusetzen, um die Belastung für die direkten Einwohner zu minimieren. Das Argument höherer Baukosten der Südumgehung treffe nicht zu, da die Südumgehung ebenfalls erhebliche Kunstbauten wie etwa die Brücke im Kasselbachtal oder die Erstellung einer Betonwanne zum Schutz des Grundwassers erfordere.
Aus dem Publikum wurden verschiedene alternative Trassenführungen vorgeschlagen, insbesondere im Zusammenhang mit der angestrebten Entlastung der Diezer Strasse, die durch die Neuerschliessung des Einkaufszentrums im ehemaligen Bahn-Ausbesserungswerk kompensiert werde. Die zukünftige Entwicklung des Bahnareals sei derzeit noch gar nicht absehbar und nicht in alle vorliegenden Gutachten einbezogen. Die Entscheidung über zukünftige Lösungen betreffe daher nicht nur die direkten Anwohner der Trassen, und dürfe daher nicht "hinter verschlossenen Türen‚Äù stattfinden, sondern müsse in der √ñffentlichkeit diskutiert werden.
Es gebe gute Gründe, die Eignung der vorliegenden Fachgutachten als Entscheidungsgrundlagen zu hinterfragen, und eine solch schwerwiegende Entscheidung dürfe nicht übereilt getroffen werden. Ein Bürgerentscheid sei eine sehr gute Möglichkeit, die Bevölkerung in diese Diskussion einzubinden, und werde zudem von den Bundesbehörden als massgebliche Richtentscheidung angesehen, bedarf aber der aktiven Beteiligung aller Limburger Bürgerinnen und Bürger an den Entscheidungen über die Zukunft ihrer Stadt.